Kaufen ist Konsum. Was bedeutet aber Konsum, Besitz und woher kommt der Begriff der Konsumgesellschaft? Dieser Artikel nimmt sich dieser Frage an und zeigt weiter auf: Heute wird mit Ideen der «shared economy» eine Art Kontrapunkt zur Konsumgesellschaft gesetzt. Dabei lautet das Credo: «Sharing is caring» – Wir sharen beispielsweise Autos, Wohnräume, Büros oder Lagerräume bei placeB. Damit einher geht auch die Idee, dass wir nicht bis ins unendliche Ressourcen verschwenden und einmal mehr etwas behalten, anstatt es wegzuwerfen. Und so kommt es dazu….
Macht man sich auf die Suche nach der Bedeutung des Konsumbegriffs, findet man eine mögliche Antwort im historischen Lexikon der Schweiz: «Konsum verweist in verschiedenen Zeiten auf unterschiedliche Handlungen, Vorstellungen und Prozesse, in denen das Konsumieren sowohl einen Ausdruck der Zugehörigkeit zu gesellschaftlichen Gruppen oder Klassen wie auch ein Mittel zur Konstituierung derselben darstellt.» Voraussetzung für das Entstehen von Konsum ist, dass «ein relevanter Teil der Bedürfnisse über den Markt und nicht durch Selbstversorgung befriedigt wird. […] Von einer Konsumgesellschaft wird erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts gesprochen, auch wenn deren Anfänge in die Frühphase der Industralisierung zurückreichen.»
In den 1950er-Jahren stiegen die Reallöhne viel stärker, als die Lebenshaltungskosten und auch die Arbeitsproduktivität stieg stark an. Da die Arbeitsproduktivität stieg, konnte in der so gewonnen Freizeit auch mehr konsumiert werden. Aufgrund all diesen Wandlungsprozessen veränderte sich auch die Struktur der Haushaltsausgaben: Für Lebensmittel musste nun verhältnismässig weniger ausgegeben werden, während in Bereichen wie Verkehr, Erholung und Bildung mehr konsumiert wurde. Kennzeichnend für diese frühe Phase der Konsumgesellschaft ist auch die wachsende Reichhaltigkeit des Warensortiments sowie die Verbreitung technischer Haushaltsgeräte wie bspw. Kühlschränke, Staubsauger und Waschmaschinen. Mit all diesen Geräte hielt der «American Way of Life» Einzug in die Schweizer Gesellschaft: Autos, Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, «Convenience food» (Fertiggerichte, Konserven & Tiefkühlkost) und «Fast food» gelten als kennzeichnende Attribute dieser Lebensführung.
Nicht nur die angebotenen Güter veränderten sich, sondern auch neue Arten der Verkaufspraxis, des Marketings und der Werbung kommen auf. Die Migros und kurz darauf auch Coop führen 1948 die ersten Selbstbedienungsläden der Schweiz ein, womit ein neues Einkaufserlebnis geschaffen wurde.
Klar ist: Konsum ist zwar der Verzehr oder Kauf von Waren, aber mit diesem sind auch immaterielle Bedeutungen und Dimensionen wichtig. Auch Leitbilder und Rollenverständnisse werden durch unser Konsumverhalten geprägt. So wurde in den 1950er-Jahren mit dem vielfältigen Maschineneinsatz im rationalisierten Haushalt das Rollenbild der «modernen Frau» geprägt.
Konsum ist die individuelle Bedürfnisbefriedigung, oder die materielle Selbstverwirklichung, die unser Behlohnungssystem im Hirn für kurze Zeit aktiv werden lässt. Konsum macht also glücklich, oder? – Im Jahre 1965 wurden in der Schweiz erste repräsentative Studien zur Lebenszufriedenheit durchgeführt. Von einer Skala von 1 bis 10 bewerteten Frau und Herr Schweizer ihr Wohlbefinden bzw. Glück durchschnittlich mit 7,76. Dies entsprach im internationalen Vergleich einem hervorragenden Wert. Die Reallöhne in der Schweiz haben sich seither beinahe verdoppelt. Aus finanzieller Sicht können sich also Schweizer/innen heute doppelt so viel leisten, wie noch ihre Eltern. Aber dennoch zeigen Befragungen zur Lebenzufriedenheit von heute: Die Antworten entsprechen heute beinahe den Werten von damals. Mehr Wohlstand und Besitz scheinen also nicht automatisch mehr Lebenszufriedenheit mit sich zu bringen.
Studien zeigen laut dem NZZ Folio: Je mehr Menschen der Aussage zustimmen, Besitz sei für sie wichtig, desto schlechter ist ihre emotionale Stimmung. Konsum und Besitz als Lebensinhalte scheinen also eine gewisse Traurigkeit zu versprechen. Aber warum konsumieren wir trotzdem fröhlich weiter?
Eine These dazu findet sich beim deutschen Soziologen Hartmut Rosa. Er sieht im Mechanismus von Konsum und Besitz einen «Ewigkeitsersatz». Seine These: Die «Erlebnisdichte pro Zeiteinheit» wird versucht zu erhöhen, alles wird schneller, wir konsumieren mehr, reisen mehr, weil säkularisierte Gesellschaften nicht an ein ewiges Leben glauben.
Konsumkritik ist ein integraler Bestandteil der Konsumgesellschaft. In den 1960er-Jahren prägten Schlagworte wie «geheime Verführer» oder «Konsumterror» das Vokublar der Kritiker, während in den 1970er-Jahren die grosse Ressourcenverschwendung sowie die Wegwerfmentalität starkt hinterfragt werden. Dies hatte zur Folge, dass in der Schweiz beispielsweise das Recycling gefordert und in der Folge auch gefördert wurde.
Heute findet sich ein Gegenentwurf zur Konsumgesellschaft in der sogenannten Suffizienz-Bewegung. Das Konzept dabei ist, dass Menschen freiwillig ihren Konsum einschränken, aber trotzdem nicht auf Notwendiges verzichten. Die praktische Umsetzung davon findet sich bei Sharing-Plattformen, Reperatur-Cafés oder auch Zeit-Tausch-Börsen. «Sharing ist caring» ist oftmals auch günstiger. So braucht also nicht mehr ein teures Privatauto, um mobil zu sein.
Auch der eine oder andere Gegenstand, den man momentan nicht mehr gebrauchen kann, ist vielleicht für jemanden anderen durchaus noch nützlich. Auf Onlinemarktplätzen wimmelt es an Angeboten gebrauchter, aber funktionsfähigen Gegenständen und Gerätschaften. Gleichzeitig gibt es durchaus Besitztümer, die früher oder später noch den eigenen Kinder nützlich sein können, einen emotionalen Wert haben oder die zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden sollen. Wer zu Hause solche Gegenstände hat, die jedoch wertvollen Stauraum in den eigenen vier Wänden beanspruchen, kann bei placeB einen Lagerraum mieten. Und das Beste: Du kannst den Zugang zu deinem Lagerraum mit den gewünschten Personen ganz einfach per Smartphone «sharen».